Karlmühle und Sandmühle

Spaziert man von Kothigenbibersbach zur Karlmühle, so begleitet einen im Westen ein kleines Bächlein. Der Karlmüller sagt „Münchsbach“ dazu, da er aus dem Münzteich oder Münchsteich hervorkommt. Auf halbem Weg kann man dann ein eigenartiges, überwachsenes Etwas besichtigen
Es ist der Rest des Autobahnbaus aus den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts. Etliche solche Rohre waren schon verbaut worden, als dann 1944 die ganze Angelegenheit eingestellt wurde. Der kleine Bach - nur einmal wird er auf einer Karte „Kothigenbibersbach“ genannt – läuft dann, flurbereinigt, gerade auf die Karlmühle zu. Früher wurde er in einem Schützteich aufgefangen, um bei Bedarf die Mühle anzutreiben. Dabei kam von Westen auch das Wasser des Flitterbachs hinzu, der nördlich von Thiersheim entspringt. Der Verlauf des Mühlgrabens kann durchaus noch erahnt werden.
Bis 1988 betrieb der Müller, Herr Steinel, noch seine oberschlächtig angetriebene Mühle. Was muss das für eine Anlage gewesen sein, wenn der Sohn heute noch vom Lauf des Wasserrads, dem Schwingen des Plansichters, einem genial konstruierten Sieb, oder der Arbeit der Walzenstühle schwärmt.

Die Karlmühle wird schon 1429 erwähnt und hieß auch Hollen- oder Bechermühle. Rudolf Steinel war noch gelernter Müllermeister, doch die Söhne erkannten, dass solche kleine Mühlen nicht mehr rentabel arbeiten konnten. So ist das schöne Anwesen heute nur noch ein landwirtschaftlicher Betrieb und von der alten „Mühlenherrlichkeit“ ist nur noch der Einlauf in die ehemalige Mühlradkammer – wo das Gefälle immerhin 4,50 m betrug - zu sehen.

Das ganze Flitterbachtal von der Mittelmühle bis zur Sandmühle wurde in den Jahren 1952 bis 1956 im Rahmen der Flurbereinigung umgekrempelt, um die sauren Wiesen zu entwässern und das Bächlein, vor allem bei Hochwasser, schneller abfließen zu lassen.
Nicht nur im Herbst jedenfalls ist ein Spaziergang bei den schönen Buchen und Linden empfehlenswert. Gänse gackern im Garten und am Eingang begrüßt einen manchmal der Hofhund, ein sehr freundlicher Geselle.

Gut einen Kilometer abwärts hatte der Flitterbach schon wieder eine Mühle anzutreiben, die Sandmühle. Sie gehörte zum Rittergut und Schloß Röthenbach und dürfte um 1400 erbaut worden sein. Im Büchlein „Mühlen im Sechsämterland“ erwähnt Dieter Arzberger, dass am Abend des 23. Juni 1673 ein schweres Unwetter über Thiersheim niederging, welches zu einer solchen Flutwelle führte, dass kaum Zeit blieb, das Vieh aus den Ställen zu retten. Da immer wieder solche Hochwässer entstanden, kam man auf die Idee, vor dem Ort einen Damm zu errichten und den Bach zu einem See anzustauen. Bis heute blieb die Flur aber davon verschont.

Jetzt ist die Sandmühle ein Ortsteil von Arzberg mit 39 Einwohnern, davon 26 Evangelische. Sie duckt sich in das Flitterbachtal, die meisten Häuser aber liegen erhöht an der Straße, so dass sie vom Hochwasser nicht mehr bedroht sind. Auch eine Tennisanlage gibt es hier.

Aber kehren wir noch einmal zur Mühle zurück. Natürlich wurde in ihr auch Brot gebacken, der Schlot des Backofens ist noch zu sehen. Und bereits 1909 war eine Kunstmühleneinrichtung mit Turbinenantrieb installiert worden. 1951 wurde nach einem Brand die Mühleneinrichtung nach dem neuesten Stand der Technik erneuert, jedoch folgte bereits 1960 die endgültige Stilllegung.
In den letzten Kriegstagen brannte durch Artilleriebeschuss der Stall- und Scheunenteil ab. Der Granitsockel der Scheune wurde 1946 aus schönen Quadern wieder errichtet, die heute noch zu sehen sind.

Dass der kleine Ort noch Krieghandlungen erleben sollte, damit hatte wohl niemand gerechnet. Aber das „Soldatengrab“ östlich am Waldrand gelegen, bezeugt dies. Es wies bis in die 80er Jahre auf den Tod des Peter Schieber aus Offenbach hin.
Die Verbindung zu Röthenbach tritt in diesen Wochen noch einmal zu Tage. Im Zuge der Dorferneue-

rung wird auch hier gebaut, unter anderem am Flitterbach. Und klar, auch die Sandmühle wurde „flurbereinigt“. Davon zeugt zumindest ein Gedenk-stein, der sich allerdings ohne Inschrift hinter Büschen versteckt. Scherzhaft wird er „Karl-Otto-Stein genannt. Warum wohl? - Fragen!

 

Mühlen 1 Dezember 2010