Röthenbach - Schule und Kirche

In früheren Zeiten war es nur begüterten Familien vergönnt, ihre Kinder ausbilden zu lassen. Der Nachwuchs der Ritter wurde von Hauslehrern streng erzogen, Adelige ließen weise Männer an ihren Hof kommen und in Klöstern lehrte man Theologie und Wissenschaften. Die Landbevölkerung, die zwar für den Unterhalt all dieser Mitmenschen hart arbeiten musste, brauchte ihre Kinder als (meist) billige Arbeitskräfte, wie das heute noch in vielen Ländern der Fall ist. Man denke nur an die Kinderarbeit in indischen Steinbrüchen oder an die Mädchen in den Schneidereien in Bangladesch. So ist es nicht verwunderlich, dass auch in Röthenbach die Eltern und Gemeindeoberen nicht erbaut davon waren, als die Obrigkeit (!) verlangte, dass ein regelmäßiger Schulunterricht für Lesen, Schreiben und Rechnen in diesem ärmlichen Dorfe eingerichtet werden sollte. Obwohl schon 1685 von einem Schulmeister Wolfgang Braun, 1713 von einem „lahmen Schneider und Schulmeister Lorenz Franz, arm und elend“ in Kirchenbüchern berichtet wird, dauert es doch bis 1825, dass in Röthenbach von einer „bestehenden Schule mit 72 Kindern“ berichtet werden konnte. Allerdings war das für heutige Verhältnisse eine eigenartige Einrichtung: Die Kinder wurden – alle vier Wochen wechselnd – in größeren Bauernstuben oder in einem Gasthaus unterrichtet. So dauerte es viele Jahre, bis nach Einführung der Schulpflicht 1802 auf Drängen der vorgesetzten Verwaltungsstellen in Röthenbach ein Schulhaus errichtet werden konnte.

Im Jahre 1825 endlich machte man sich Gedanken über einen Bauplatz und die Finanzierung, die der armen Gemeinde gewiss schwer fiel. So ist es nicht verwunderlich, dass 1829 der zuständige Landrichter einen Finanzierungsvorschlag unterbreitete, in dem auch eine „Bauhülfsgnade der Königlichen Regierung“ in Aussicht gestellt wird. Erst 1836 wurde dann mit dem Bau begonnen, der 1838 seiner Bestimmung übergeben werden konnte. Von den Schwierigkeiten mit diesem ersten Schulhaus wollen wir lieber nicht berichten, aber davon, dass schon (!) am 1. November 1889 an seiner Stelle das jetzt noch bestehende neue Schulhaus bezugsfertig war.

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Im Auf und Ab der Schülerzahlen wurde aus der einklassigen erst eine zweiklassige, dann 1938 eine dreiklassige Schule. Als in Jahre 1966 alle Kinder in einem Schulversuch nach Arzberg kamen, war das Aus der noch zweiklassigen Dorfschule beschlossene Sache. 1968 schließlich wurde sie offiziell aufgelöst.
Was sollte nun mit dem Schulhaus geschehen?
Nun, die beiden oberen Klassenzimmer wurden in Wohnungen umgebaut, unten gab es zunächst noch die Gemeindebücherei und das Amtszimmer des Bürgermeisters, bis 1977 die Gemeinde auch aufgelöst und nach Arzberg eingemeindet wurde. Aber dann kam die Kirchengemeinde Arzberg nach vielem Probieren und Nachdenken auf eine Idee:

Am 1. Advent 1957 war auf Initiative des damaligen Vikars Rudolf Kießling in Röthenbach der erste Gottesdienst und ein Kindergottesdienst gehalten worden. Seit der Zeit sorgte auch Horst Max quasi als Messner für die rechte Einrichtung des Raumes. Als 1988 die Kirche geweiht wurde, übernahm er offiziell den Kirchnerdienst. Seit seinem Tod im Jahre 2010 übt seine Frau, Helga Max, diesen Dienst aus.
Um das Provisorium in einem ehemaligen Klassenzimmer zu beenden, bräuchte man ein Kapelle, eine kleine Kirche oder wenigstens einen Gottesdienstraum. So kam als erstes der Vorschlag, im Schloß an geeigneter Stelle eine kleine Kapelle einzubauen. 1961 ist in den Archiven wieder davon die Rede. Obwohl Baron von Waldenfels bereits einen Vertrag vorbereitet hatte, lehnte das Landeskirchenamt diesen Plan ab. So mietete die Kirchengemeinde im Jahr 1962 den Saal im Gasthaus „Stroß“ als Gottesdienstraum an. Im Haus des Bauern Meier wurde dann auch noch ein Jugendraum eingerichtet. Allerdings hatten sich schon 1957 Jugendliche mit Pfarrer Kießling in einem Nebenzimmer des „Anker“ zu Jugendstunden getroffen.

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1970 kam wieder ein neuer Plan ins Spiel: Eine Fertigbaukirche sollte errichtet werden, Grundstücksverhandlungen begannen, die aber zu keinem guten Abschluss geführt werden konnten. Danach wurden die Planungen trotzdem weiter geführt, bis sie schließlich aufgegeben werden mussten. 1971 gab es eine goße Aufregung: Im Gottesdienstraum war Feuer ausgebrochen, dessen Schäden allerdings bald beseitigt werden konnten. Als im Jahr 1980 Pfarrer Gleede die Leitung der Arzberger Kirchengemeinde übernahm, wurde der Gedanke an eine Kapelle, diesmal im Ostflügel des Schlosses, wieder aufgenommen.

Leider gingen die Vorstellungen der Kirchengemeinde und des Herrn Baron zu weit auseinander, so dass nun bis zum Jahr 1988 „Ruhe an der Kirchenfront“ herrschte.

Im Juni 1987, nachdem die Stadt Arzberg einem Einbau eines Gottesdienstraumes unten Im Schulhaus zugestimmt hatte, begannen die Planungen. Architekten und Künstler wurden beauftragt, die Glasscheiben für die Bleiglasfenster lieferte die Glashütte Lamberts in Waldsassen, die Inneneinrichtung wurde konzipiert. Am 24. Juli 1988 wurde die Einweihung mit einem großen Fest begangen. Der Festzug ging vom Gottesdienstraum im „Stroß“ hinüber ins ehemalige Schulhaus, Oberkirchenrat Theodor Glaser weihte ihn als Kirche, der Posaunenchor spielte und viele Honoratioren stimmten in den Jubel ein.

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Doch bald machte sich Unmut breit, wegen des Standkreuzes neben dem Altar.
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Nachdem Kirchenbesucher es mit einem Kleiderständer verwechselt hatten, wurden Spenden für ein neues Altarkreuz gesammelt, das seit 1998 den Altar krönt. Auch wurde ein Gedanke wieder aufgegriffen, den schon Pfarrer Rüdiger Lange und der Kirchner Horst Max ins Gespräch gebracht hatten: Eine Glocke würde den Charakter der Kirche vervollständigen. Reisen ins Umland folgten, um Meinung zu bilden. Doch mit einem freistehenden Glockenturm wollte sich die Stadt als Eigentümerin nicht anfreunden.

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So dauerte es noch bis ins Jahr 2007, in dem ein Türmchen auf dem Schulhaus ins Gespräch kam. Damit verbunden waren Spendenaufrufe und diverse Planungen, die auch der ehemalige Pfarrer Werner Latteier intensiv unterstützte.
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Im Herbst 2008 wurde in Passau die Glocke gegossen und am 30. März 2009 schließlich wurden Glocke und Turm auf das Dach gehievt. Seitdem begleitet über eine Fernsteuerung ihr Klang die Gottesdienste. Nur einmal musste sie für längere Zeit schweigen, als ein Blitz die Elektrik getroffen hatte. Jetzt aber versieht sie ihren Dienst wieder treu, wenn auch manche meinen, ihr Klang sei für Röthenbach zu dünn.

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Röthenbach IV
Februar 2014, August 2017